Denkanstoß: Unattraktive Großunternehmen – kein Nachwuchs?

In einem meiner letzten Blogposts befasste ich mich mit der Frage, ob Großunternehmen noch eine Zukunft haben. Dies war der Versuch einer Betrachtung quasi von oben – wie entwickeln sich Wirtschaft und Umgebung für die Unternehmen in der Zukunft und welche Auswirkungen auf die Unternehmensstrukturen kann das haben?

Aus der Sicht des einzelnen Mitarbeiters und insbesondere von Berufsanfängern wird oft folgende, ähnliche Frage gestellt: soll ich lieber in einem Großunternehmen anfangen zu arbeiten oder in einem kleineren, mittelständischen Unternehmen? Dabei wird mit dem kleineren Unternehmen meist verbunden, dass man einen breiteren Einblick in die Unternehmensprozesse bekommt, schneller Verantwortung übernehmen und ggf. auch schneller im Unternehmen etwas gestalten kann. Als wesentlicher, oft einziger Vorteil für das Großunternehmen wird dabei die Sicherheit des Arbeitsplatzes, manchmal auch die (höhere) Vergütung angeführt.

Ein Artikel in Forbes, von Jacob Morgan, Mitbegründer der Chess Media Group einem amerikanischen Beratungsunternehmen, betrachtet die Antwort auf diese Frage mit dem Fokus auf den Aspekt Arbeitsplatzsicherheit sowie die aktuellen Situation verbunden mit einem Blick auf die Entwicklungen, die die Zukunft prägen werden. Schon der Titel gibt die Antwort beziehungsweise seine Antwort darauf: „Why Big Company Doesn’t Mean Job Security“

Als Begründung gibt Jacob Morgan dabei zunächst die Personalabbauprogramme von Großunternehmen in der jüngsten Zeit an: Merck, Blackberry, Safeway oder Cisco, um nur eine Auswahl seiner (im Wesentlichen amerikanischen) Beispiele zu nennen. Er führt weiter aus, dass die „Lebenserwartung“ der Fortune 500 Unternehmen in 1960 über 60 Jahren lag, in 2012 aber auf gerade einmal 15 Jahre gesunken ist. Ein weiterer, zu berücksichtigender Effekt neben dem Personalabbau ist also das Verschwinden von Großunternehmen vom Markt.

Auch mit dem potenziellen zweiten Grund zur Wahl von Großunternehmen neben dem sicheren Arbeitsplatz, der (hohen) Vergütung, beschäftigt sich Jacob Morgan. Diese Motivation wird jedoch weniger aus der Historie wie der erste Aspekt, sondern mehr mit Blick auf die Zukunft betrachtet und erscheint hierdurch ebenfalls bedeutungsloser zu werden: die nachwachsenden Generationen legen mehr und mehr Wert auf andere Aspekte als ein hohes Gehalt wie nahezu durchgehend alle aktuellen Umfragen belegen. Darin werden eher Work-Life-Balance, interessante Aufgaben und flexible Arbeitsbedingungen als Schwerpunkte bei der Arbeitgeber- und Arbeitsplatzwahl genannt.

Als Fazit des Forbes-Artikels stellt sich somit eigentlich die Frage, warum man überhaupt noch für Großunternehmen arbeiten sollte?

Zunächst einmal glaube ich bei aller Offensichtlichkeit dieser Folgerungen nicht an eine Monokultur in der Unternehmenslandschaft. Große Unternehmen sind vielleicht (ähnlich wie es den Dinosauriern nachgesagt wird) langsamer in ihren Anpassungen an Veränderungen, insbesondere so schnelle, wie wir sie am Arbeitsmarkt aktuell beobachten können. An ein „Aussterben der Spezies der Großunternehmen“ glaube ich persönlich allerdings nicht. 

Die Veränderungen unserer Arbeitswelt gehen nach meiner Wahrnehmung verstärkt auch in Großunternehmen vonstatten: flexible Arbeitsmodelle, neue Technologien bis hin zu BYOD (bring your own device) und sozialen Netzwerken oder mobilen Arbeitsmöglichkeiten halten Einzug. Und die Umfrageergebnisse bezüglich Arbeitsplatzcharakteristika beziehen sich schließlich auf solche Aspekte, die Großunternehmen natürlich auch anbieten können – kein Befragter sagt per se „für große Unternehmen will ich nicht arbeiten“.

Aber – Großunternehmen müssen sich umstellen und verändern, wenn sie auch zukünftig am Markt für Arbeitskräfte und insbesondere nachrückende Generationen attraktiv bleiben wollen. Dieser Blog will dazu informieren und insbesondere Führungskräften im mittleren Management dabei helfen – dabei kann ich mir gut vorstellen, dass sich die Arbeitswelt entwickelt wie Sven Gábor Jánszky in seinem Buch 2025 – So arbeiten wir in der Zukunft beschreibt: eine Polarisierung in „Caring Companies“, den großen Unternehmen, und in Unternehmen mit fluider Organisation, siehe auch mein Blogpost dazu.


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