Denkanstoß: Bewerberauswahl durch Crowdselection

Eine – auf den ersten Blick vielleicht abstruse – Idee kam mir bei der Lektüre des aktuellen Informatik Spektrums, dem zweimonatlichen Magazin für Mitglieder der Gesellschaft für Informatik. Professor Dr. Gunter Dueck, IBM Distinguished Engineer Emeritus, schreibt für jede Ausgabe eine Kolumne, die dieses Mal den Titel „Nur Absagen – da soll Fachkräftemangel herrschen?“ trägt (in: Informatik_Spektrum_37_3_2014).

In diesem Artikel berichtet Professor Dueck davon, dass er schon 2001 in einer Kolumne („Wen stellen wir bloß ein?“) berichtete, dass er in einem Seminar echte (anonymisierte, ältere) Bewerbungen „an die Wand projizierte und zur Kritik [der anwesenden Seminarteilnehmer] freigab“. Sein Fazit: „Alle Entscheidungen [der Gruppe] waren vollkommen okay. Die Gruppe kann einen Personaler vollwertig ersetzen“.

Als Basis führt Professor Dueck dann das, was wir heute oft als Begründung für die Verwendung von Menschengruppen oder Crowds kennen (siehe auch mein Blogpost „Denkanstoß: Management by Crowdselection“), an: wenn auch nicht ein Einzelner immer alles durchschaut, so ist das Ergebnis einer Gruppe doch erfolgreicher und „objektiver“ – in diesem Fall also auch bei der Identifikation von (potenziellen) Problemen mit bzw. bei Bewerbern.

Bewerberauswahl
Bewerberauswahl

Diesen Gedankengang fortgesetzt könnte man, wenn auch nicht auf eine Einstellung, so doch wohl zumindest auf eine „Bewerberauswahl (zum Einstellungsgespräch) durch Crowdselection“ kommen. Sicher gibt es Themen wie Personalstrategie und Gehalt, die heute zumindest nicht durch die Crowd entschieden werden würden, jedenfalls nicht als Standardfall. Insofern wäre zumindest eine Vorauswahl durch eine Mitarbeitergruppe anhand einer schriftlichen Bewerbung zumindest ein erster Schritt in einem solchen Prozess.

Weiter gedacht stellt sich dann die Frage, wie groß ist die Gruppe, die die Entscheidung trifft, wie setzt sie sich zusammen? Sinnvoll ist sicher kein ganzes Unternehmen (beziehungsweise macht das nur bei sehr kleinen Unternehmen Sinn) – ich sehe eher Abteilungen oder Gruppen, die zusammenarbeiten und vor allem das Team um den neuen Kollegen bilden würden. Ergänzt vielleicht um den Kunden, wenn es sich um eine interne Beziehung handelt, also beispielsweise bei der Einstellung eines Salesmitarbeiters für eine bestimmte Produktlinie die Produktmanager und Ingenieure, für diese Produktlinie aufgrund ihrer potenziellen künftigen Beziehung zueinander.

Was folgt ist ein höherer Aufwand pro Bewerber – wenn man die Anzahl der beteiligten Personen mit der dafür aufgewendeten Zeit berechnet – im Vergleich zu heute, wo eine oder wenige Führungskräfte oder HR-Mitarbeiter diese Selektion vornehmen. Allerdings sollte das Ergebnis eine höhere Qualität der Bewerber, die eingeladen werden, sein und in der Folge wahrscheinlich auch eine höhere Qualität und Passung der Bewerber in die zukünftige Umgebung.

Utopisch? Wir werden sehen, was die Zukunft bringt…

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