AugenhöheWege – die Premiere

Freitag, 4. März 2016, 18:30 Uhr, im Museum Industriekultur startet – zeitgleich wie in neun anderen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz – der Film AugenhöheWege, die Fortsetzung des Films Augenhöhe, in dem es um Themen wie die neue Arbeitswelt, Demokratie im Unternehmen oder auch Management im Unternehmen der Zukunft geht.

Bei einer Premiere denkt man als erstes an einen roten Teppich, eine Filmvorführung und vielleicht noch eine Frage- und Antwortsession mit dem Filmemacher oder einem der Hauptdarsteller. Nicht so bei den Premieren von Augenhöhe und AugenhöheWege – hier findet im Anschluß an den Film auch noch ein intensiver, Workshop-artiger Austausch zwischen den Organisatoren, Filmemachern und sämtlichen Premierengästen statt.

In Nürnberg wurde die Veranstaltung von den Coaches und Unternehmensberatern Daniela Scheurlen und Thomas Wolf organisiert, mit dabei waren auch der Filmemacher Daniel Trebien und ein Mitarbeiter der sysTelios-Kliniken (Name mir leider nicht bekannt), die in beiden Filmen als eines der ausgesuchten Unternehmen vorgestellt werden (siehe Bild unten). In der Form eines World Café wurden dann im Anschluß Fragen zum Film einerseits („was hat dich am meisten beeindruckt“) und andererseits der Bezug zum konkreten Arbeitsumfeld und der eigenen Tätigkeit („wo kannst du für dein eigenes Umfeld etwas mitnehmen oder ändern“) diskutiert. Zumindest war das der Ansatz – drei Runden, dreimal Durchmischen der Teilnehmer und (theoretisch) je Diskussionsrunde eine neue, andere zu diskutierende Frage. Das ließ sich aber kaum einhalten – an meinen Tischen, aber auch, was ich in meinem Umfeld mitbekam, wurden die drei Fragen und begleitende Themen, aufkommende Ideen und Fragen des Einzelnen mehr oder weniger durcheinander diskutiert. Das tat dem Ablauf aber überhaupt keinen Abbruch, sondern ergab im Gegenteil vielfach persönliche Gespräche und Diskussionen, bei denen die Leitfragen zwar als Basis dienten, aber auf jeden Fall in eine immer andere, spannende Diskussion führten. Alleine die Unterschiedlichkeit der Teilnehmer ermöglichte den Austausch aus einer Vielzahl von verschiedensten Blickwinkel auf dieses Thema, wenn man sich denn darauf einließ: von Coaches & Trainern bis zu Studenten, von Konzernmitarbeitern über Angestellte von kleinen Softwarefirmen und Unternehmensberatungen bis hin zu Mitarbeitern von Stadtverwaltungen – eine hochspannende Mischung der unterschiedlichsten Ausgangssituationen für die Diskussion zur Arbeitswelt von morgen.

Im Foto von links: Filmemacher Daniel Trebien, die Organisatoren Daniela Scheurlen und Thomas Wolf sowie ein Mitarbeiter von den im Film vorgestellten sysTelios-Kliniken

Die Zusammenfassung des World Cafés erfolgte durch eine Runde von Tisch zu Tisch, in der Daniel Trebien zu den Ergebnissen der Diskussion Freiwillige für Wortmeldungen ans Mikrofon bat. Sicher war es keine Zusammenfassung in dem Sinne, dass man alle gesammelten Punkte der Diskussionsrunden vorgestellt bekam. Aber das war auch gar nicht notwendig – einige Punkte glichen sich in den Diskussionen und andere hatte jeder für sich selbst in eigener Interpretation mitgenommen.

Was habe ich mitgenommen (aus der Premiere – ein Blogpost zum Film wird noch folgen):

  1. Die im Film als „spiralförmiger Karrierepfad“ bezeichnete Entwicklung beschäftigte uns aus verschiedenen Perspektiven. Es geht um Entwicklungen und Karriere des Einzelnen in der Form, dass nach einer Führungsposition auf einem bestimmten Niveau anschließend eine in der Hierarchie weniger herausgehobene Aufgabe übernommen wird, um dann oft danach wieder eine höhere Führungsposition einzunehmen, deshalb der Begriff „spiralförmig“. So etwas kann zum Beispiel wie bei Haufe Umantis durch eine Abwahl einer Person von einer Position passieren (ob nun ehemals gewählter CEO oder ehemals gewählter Teamleiter). Ist dies für den Betroffenen selber (zum Beispiel in seinem Selbstwertgefühl) schwierig zu verarbeiten, so kann das Umfeld in einer „Leistungsgesellschaft“ das noch entsprechend verstärken, „Was sagt mein Nachbar, was sagen meine Freunde, wenn ich nicht mehr Abteilungsleiter bin?“. Hier muss sich sicher die Gesellschaft insgesamt mit dem Blick auf die Arbeitswelt wandeln, um von einer damit oft einhergehenden – wie es in einer Diskussion gestern Abend geprägt wurde – „sozialen Stigmatisierung“ wegzukommen.
  2. Gemein war mehreren Beispielunternehmen, dass sie den Mitarbeiter als Menschen, als ganze Person sehen und einbeziehen (und nicht nur als Mitarbeiter). Beispiele sind das Feedback aus Innovationsprojekten bei der EnBW, wo das Unternehmen von Eigenschaften und Beschäftigungen der Mitarbeiter profitiert, die sonst nicht notwendigerweise zum Arbeitsalltag gehören – von Zeichen- oder Basteltalenten zur Visualisierung von Ideen oder gar Herstellung von Prototypen beispielsweise. Und der Mitarbeiter profitiert, weil er schlicht Spaß hat und seine anderen Talente und Leidenschaften einbringen kann. Oder die ganzheitliche Betrachtung bei einem Achtsamskeitsseminar mit dem CEO und dessen Wunsch, dass jeder die Tätigkeit im Unternehmen machen können sollte, die zu der eigenen Person am besten paßt und wo man sich im Arbeitsalltag am wohlsten fühlt.
  3. Ein gemeinsames Fazit, ich glaube wirklich aller Beteiligten im Film wie als Gast bei der Premiere: jedes Unternehmen, jeder Mitarbeiter muss seinen eigenen Weg finden und gehen. Es gibt kein Patentrezept und alles, was unglaublich gut in einem Unternehmen funktioniert hat, muss das nicht im nächsten Unternehmen tun. Und für alle Diskussionsteilnehmer am verwunderlichsten und beeindruckendsten: sogar eine Bank war eines der vorgestellten Unternehmen mit einem eigenen, sozialen Weg zur Arbeit von morgen.

Einen Punkt gab es aber auch, der mich selber am Ende ein wenig nachdenklich zurück liess: in einer Diskussionsrunde mit überwiegend jüngeren Teilnehmern ging es um die Umsetzung der im Film vorgestellten Ansätze und Ideen. Ich bin überzeugt von vielen der Ideen und insbesondere auch dem Punkt, dass jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden muss. Aber meine Erfahrung sagt mir auch, dass nicht – so schön das in der Theorie wäre – in allen Unternehmen zu jedem Zeitpunkt damit angefangen und eine erfolgreiche Umsetzung kurzfristig realisiert werden kann. Nur schien das in dieser Diskussionsrunde keiner richtig akzeptieren zu können, „wenn man denn nur will…“, „die Mitarbeiter machen das schon…“- Nein, so einfach ist das, glaube, ich nicht. Zu unbedacht und ad hoc gestartet kann man vielleicht sogar mehr kaputt machen als Neues entwickeln. Das ist jedenfalls meine persönliche Einschätzung.

Ebenso wie jedes Unternehmen „seinen eigenen Weg“ finden muss, glaube ich, dass es auch verschiedene Zeitpunkt gibt, an denen das Unternehmen reif zur Einführung solcher Prozesse ist und dass das nicht per se jederzeit möglich ist – womit wir aber wieder bei dem letzten Punkt als Zusammenfassung des gestrigen Abends wären:
Jedes Unternehmen muss seinen Weg finden, inklusive dem Zeitpunkt, wann es den ersten Schritt und wann es die folgenden Schritte zu machen in der Lage ist.

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