Wem gehören meine „Social Media Kontakte“? (Teil 1)

Einen spannenden Artikel las ich kürzlich im Magazin “Wirtschaftsinformatik und Management“. In der Ausgabe 6/2013 schreiben die Fachanwälte für Arbeitsrecht Thorsten Walter und Dr. Reinhard Möller der Kanzlei Bartsch Rechtsanwälte über die Rechte an Xing-Kontakten, im Sinne des Titels “noch eine arbeitsrechtliche Baustelle?“. Dabei beziehen sie sich auf Auseinandersetzungen um Rechte an den Kontakten und (wichtiger:) Kontaktdaten – gehören diese dem Mitarbeiter, der sie zusammengetragen hat, oder dem Arbeitgeber, auf dessen Geheiß dieses geschehen ist? Dabei sei betont, dass ich die Betrachtung aufgrund meiner persönlichen Erfahrung auf B2B-Beziehungen lege, also nicht die Kontakte / Personen selber direkt als Kunden zu betrachten sind, sondern deren Arbeitgeber.

Social Media Kontakte
Social Media Kontakte

Tatsächlich kam ich selber nie auf den Gedanken über die Rechte an den Kontakten, die ich in den Netzwerken Xing oder LinkedIn aufgebaut habe, nachzudenken. Ja, es sind „beruflich geprägte Netzwerke“, so bezeichne ich sie auch in meinem Blog. Und dennoch – ich kenne nahezu alle Kontakte persönlich, viele sind oder waren Kollegen, die man in „weiter Auslegung“ auch Freunde bezeichnen könnte.

In den Umgebungen, in denen ich bislang tätig war, gab es nach meinem Verständnis eine klare Zweiteilung. Da sind zum einen die beruflich zu nutzenden, relevanten Daten. Dazu gehören neben den typischen Kontaktdaten wie Name, Adresse, Telefonnummern und E-Mail-Adresse auch die Themen und Geschäftsmöglichkeiten, über die beim jeweiligen Termin gesprochen wurde. Alle diese Daten, inklusive der Kontaktdaten, werden typischerweise in den Unternehmens-eigenen CRM-Systemen eingegeben und gepflegt. Dann sind da zum anderen die Kontaktdaten in sozialen Netzwerken, die ja meistens redundant zu den bereits in den Unternehmenssystemen erfassten Daten vorliegen und denen eher ein Austausch persönlicher Natur zugrunde liegt („der Termin mit Ihnen hat mir gut gefallen, danke!“ oder „ich hoffe, Sie sind gut zurückgekommen“). Wenn ich potentiell private Informationen meines Gesprächspartners bekomme („ich habe gerade Probleme bei meinem Hausbau“ oder „unser Sohn macht eine schwierige Phase durch“), so gehe ich davon aus, dass diese mir im privaten, zwischenmenschlichen Kontext gegeben worden und deshalb nicht in Unternehmens-eigenen Systeme gehören. Wenn überhaupt, dann sind diese für mich auf privater Basis zu halten.
 

Einschränkung: Nutzung der Plattform zu dienstlichen Zwecken

Im eingangs genannten Artikel selber wird allerdings bereits im ersten Absatz eingeschränkt, dass sich die weitere rechtliche Betrachtung auf Mitarbeiter bezieht, die die Plattformen auch im Interesse des Arbeitgebers zu dienstlichen Zwecken einsetzen. Dies habe ich selber nun eher selten erlebt, dennoch finde ich die Auseinandersetzung mit diesem Thema interessant und wichtig.

So war das Arbeitsgericht Hamburg Anfang 2013 der Auffassung, dass Kundendaten und Xing-Kontakte von Arbeitnehmern, die durch Kontaktaufnahme im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit entstanden, Geschäftsgeheimnisse sein können. Im entsprechenden Verfahren gelang es dem Arbeitgeber allerdings nicht, nachzuweisen, dass die Kontaktaufnahmen im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit standen und die Mitarbeiterin für ihren Arbeitgeber gehandelt hatte.

Tatsächlich fehlt eine klare Abgrenzung zwischen der Privatsphäre des Arbeitnehmers, die der Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers entzogen ist, und dessen Tätigkeit für den Arbeitgeber. Lediglich wenn der Mitarbeiter auf (explizite) Weisung seines Arbeitgebers Kontakte über eine Social Media Plattform gewinnt und diese beispielsweise im Arbeitsvertrag oder der Stellenbeschreibung ausdrücklich enthalten ist, gehören die Kontakte eindeutig dem Arbeitgeber und er hat einen Anspruch auf Herausgabe.

Sollte eine solche Plattform nicht in den Stellen- oder Arbeitsplatzbeschreibungen enthalten sein, so wird zur Entscheidungsfindung im Falle einer Auseinandersetzung das Berufsbild zur Interpretation herangezogen. Bei Vertriebsmitarbeitern beispielsweise, deren Hauptaufgabe die Gewinnung von (neuen) Kunden ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Social-Media-Plattform als Mittel zur Erfüllung der dienstlichen Tätigkeit verwendet wurde. Dies wird natürlich insbesondere verstärkt, wenn der Arbeitgeber die entstehenden Kosten für den Account auf der Plattform trägt.

Auf private Kontakte hat der Arbeitgeber jedoch keinen Anspruch, auch wenn diese über einen Account zusammen mit den beruflichen Kontakten gepflegt werden.

Handlungsempfehlungen

Folgende Handlungsempfehlungen geben die Autoren:

  • „Der Arbeitgeber sollte die zur Geschäftsanbahnung und Kontaktpflege eingesetzten technischen Arbeitsmittel festlegen
  • Der Umfang der Herausgabepflicht des Arbeitnehmers ist regelungsbedürftig
  • Eine Differenzierung zwischen geschäftlichen und privaten Kontakten ist notwendig“

Weitere Handlungsempfehlung zur Reichweite des Herausgabeanspruchs:

  • „Dokumentation des Status der Kontaktliste bei Aufnahme der Tätigkeit und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • Private Nutzung des Social Media Accounts während des Arbeitsverhältnisses untersagen“

Und in Zukunft?

Die spannende Frage ist nun, wie geht es in der Zukunft weiter? Ich schätze, die meisten Unternehmen nutzen für ihre Vertriebsaktivitäten – zumindest im B2B-Bereich, von dem ich hier ausgehe – „noch“ CRM-Systeme. Bislang wurden diese Systeme auch bezüglich der Adress- und Kontaktdaten von Partnern und Kunden, so kenne ich es, manuell gepflegt. Ein erster Schritt wäre natürlich hier der Abgleich / die Synchronisation der CRM-Kontaktdaten mit denen, die die entsprechende Person in sozialen Netzwerken, ob es nun Xing oder LinkedIn ist, pflegt. Dazu braucht das CRM-System aber natürlich den Zugang zu der Plattform – werden wir also künftig nicht nur von anderen Menschen zur Darstellung der Freundschaft befragt, sondern auch von Unternehmen? Oder wird es Personen geben, die für das Unternehmen solche Kontaktnetzwerke aufbauen und aus deren Account für den Betroffenen unwissentlich die interne CRM-Unternehmensdatenbank gefüllt wird? Was passiert dann, wenn die Personen die Unternehmen wechseln? Legt der Firmenaccount dann automatisch im CRM-System ein neues Unternehmen an und integriert die Daten der Person dann in dieses neue Unternehmen? 


Teil 2 kommt demnächst – unter anderem zu „Anspruch auf Löschung“ oder „Unterlassung der Nutzung“ der Kontakte…

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