CommunityMirror – eine gute Idee?

Vor bereits einigen Jahren stieß ich auf einen Artikel im Informatik Spektrum, der den sogenannten CommunityMirror vorstellte. Ich war sofort begeistert, weil mir die technische Idee (vereinfacht gesagt: ein Touchscreen in einem halböffentlichen Raum, damals neu, mittlerweile zum Beispiel an Flughäfen o.ä. nicht mehr unüblich) und die daraus entstehenden Möglichkeiten absolut einleuchtend erschienen. Begeistert bin ich nach wie vor, aber eine Realisierung ist, wie ich feststellen musste, aus verschiedenen Grunden gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht – warum?

Die zugrundeliegende Ein-Weg-Kommunikation ist allseits eingeführt

Beginnen wir erst einmal mit der Vorstellung des CommunityMirror. Jeder kennt mittlerweile Bildschirme an verschiedenen Standorten in Kaufhäusern, Betriebskantinen, Aufzügen und anderen (halböffentlichen) Räumen in den verschiedensten Gebäuden. Sie zeigen wahlweise das Wetter, die Speisekarte der Woche oder Werbung an (in der Regel können Sie sich auch beliebige andere statische Informationen vorstellen).
Alles in allem fast immer recht alltägliche Informationen, die meist nur betrachtet werden, wenn wir die Zeit nicht besser nutzen können (im Aufzug ohne Internetempfang für das Smartphone beispielsweise). Schon früh wollte ich diese vorhandene, reife Technologie nutzen, um wichtigere und interessantere Informationen darzustellen – beispielsweise im Unternehmensbereich zur Bekanntmachung von neuen Mitarbeitern jeweils eine kurze Vorstellungsfolie mit Foto. Dann wäre dem Bildschirm sicher mehr Aufmerksamkeit gewiss und das für das Unternehmen auch noch mit der Möglichkeit interessante Informationen zu transportieren (positive Botschaften wie „wir stellen neue Kollegen ein“, zum Know-how Transfer: „wir haben einen neuen Marketingbereich“ oder auch andere potenziell produktivitätssteigernde Informationen). Ich kann mir vorstellen, dass man auf „statischen Monitoren“ (statisch im Sinne von Ein-Weg-Kommunikation) interessantere Nachrichten oder die meist recht trockenen Informationen auch deutlich aufgelockerter und spannender darstellen kann als dies heute oftmals geschieht.

Definition CommunityMirror

Dann kam mir der CommunityMirror unter – was wäre, wenn wir den oben beschriebenen Monitor mit einem Touchscreen versehen, sodass der Betrachter / der Mitarbeiter bei Informationen, die ihn interessieren, darauf klicken und weitere Informationen abrufen kann. Danach geht der Mitarbeiter wieder seines Weges und der Monitor „verfällt“ wieder in seine Infoschleife. In ihrem Beitrag definieren Michael Koch & Florian Ott die Motivation fur CommunityMirror jenseits der Technologie wie folgt: „Die Grundidee … besteht darin, in IT-Systemen enthaltene Informationen jenseits klassischer Desktoprechner sichtbar, greifbar und erlebbar zu machen….“. Dabei liegt der Schwerpunkt darauf, Informationen, die durch den Information Overload untergehen oder nur durch aktive Suche wieder aufgefunden werden könnten, besser zu transportieren, visibler und damit besser für das Unternehmen durch seine Mitarbeiter nutzbar zu machen.


CommunityMirror
CommunityMirror

Chancen des CommunityMirror im Kontext der Arbeit der Zukunft

Auch wenn sie nur einen kleinen Ausschnitt aus den vorhandenen Möglichkeiten darstellen, schon diese beiden Anwendungsfälle – Vorstellung neuer Mitarbeiter und Transport von „nicht oder wenig visiblen Informationen“ – können aus meiner Sicht den Sinn von TouchScreens in Unternehmensräumen (mit der Erweiterung zum CommunityMirror) erklären und eine steigende Nachfrage insbesondere ausgelöst durch die heutigen Vorstellungen der Zukunft des Arbeitens bedeuten. Je mehr wir in virtuellen Organisationen oder Teams arbeiten, die sich nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten in Büroräumen physisch an einem Ort treffen, umso mehr wird folgendes passieren. Zum einen steigt der Wunsch, die Räume „schön“ und adäquat zu gestalten, zum Beispiel mit Café-ähnlichen Sitzecken auszustatten, funktionale Meetingräume oder bequeme Brainstormingräume einzurichten, die man zur Ablenkung, zur Auflockerung mit technischen Gadgets wie CommunityMirrors ausstatten könnte. Zum anderen werden durch die regelmäßige Abwesenheit der Mitarbeiter vom Büro bestimmte Informationen nicht mehr oder deutlich weniger kommuniziert und schlechter im Unternehmen verteilt werden. Das allmorgendliche Gespräch am Kaffeeautomaten oder einfach mit dem Kollegen über den Schreibtisch hinweg entfällt. Ich bin überzeugt, dass hierdurch ein Informationsloch entsteht, das die Unternehmen einiges kosten wird – ob man dieses in bewussten Kommunikationsmassnahmen, die man stattdessen aufsetzen wird, messen würde oder wegfallenden innovativen bereichsübergreifenden Ideen. Der Kommunikationsweg- und Informationsgedanke der Meetingpräsenztage wird aus meiner Sicht durch CommunityMirror ideal unterstützt. Schließlich können Kollegen, die beim Warten am Kaffee-Automaten am Touchscreen ein interessantes Thema entdecken und sich ein wenig weiter am CommunityMirror dazu informiert haben, sehr leicht Diskussionen der verschiedensten, zufällig im Café anwesenden Mitarbeiter auch anderer Bereiche zur Folge haben.

Probleme bei der Umsetzung?

Also haben wir hier aus meiner Sicht eine gute Idee, die ich schon ein-, zweimal in der Vergangenheit für meine Bereiche aufgreifen und umsetzen wollte. Zur gleichen Zeit sollten auch innovative Ideen im Unternehmen besser verbreitet und kommuniziert werden – aber hier gab es gleich die Idee, nur eine Ein-Weg-Kommunikation zu starten und insbesondere nicht zu detaillierte, vertrauliche Informationen auf den Monitoren anzuzeigen. Warum? Nicht unbegründeterweise wurde von verschiedenen Beteiligten darauf hingewiesen, dass wir in unseren Unternehmensräumen auch oft Wettbewerber, mit denen partiell zusammengearbeitet wird, oder Kunden haben, die diese Informationen nicht direkt, d.h. ungefiltert, und insbesondere idealerweise erst zum von uns gesteuerten Zeitpunkt bekommen sollen. Also wurde mit einer Ein-Weg-Kommunikation gestartet, die im wesentlichen die Mitarbeiter von den halböffentlichen Monitoren auf die internen anderen Medien ziehen soll – zum Beispiel durch 2D-Barcodes, die von den Monitoren mit Smartphones abfotografiert werden können.

Und der Standort der Monitore?

Man glaubt ja gar nicht, wieviele Einschränkungen es zum Wohle der Arbeitnehmer gibt, auch wenn die Arbeitnehmer selber das wahrscheinlich nicht notwendigerweise (alle) so sehen. Oder hätten Sie von folgenden Einschränkungen – aus meiner Erinnerung mit arbeitsschutzrechtlichen Bedenken – gewusst, die wir damals berücksichtigen mussten:

  • keine Monitore in den Kaffeeküchen oder anderen Pausenräumen
  • keine Monitore, die durch Personen in den Kaffeeküchen einsehbar sind
  • keine Monitore, die durch Personen in gegenüberliegenden Räume in einer Art einsehbar sind, dass diese sie stören
  • keine Monitore, die die Fluchtwege stören
  • keine Monitore aus Unfallschutzgründen an Treppen

Hintergrund waren dabei Fragestellungen wie „beeinträchtigt der Monitor den Mitarbeiter, z.B. lenkt ihn potenziell optisch (durch Umspringen der Bilder auf dem Monitor) von seiner eigentlichen Arbeit ab?“ oder „wird der Mitarbeiter ggf. gegen seinen Willen mit beruflichen Informationen in seiner Pausenzeit konfrontiert?“. Und bei der Vorstellung neuer Mitarbeiter sind selbstverständlich datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten und die Betroffenen selber einzubeziehen.

Also eine Menge durchaus ja oft sinnvoller Einschränkungen – nur was bleibt da also noch wirklich als sinnvoller Aufstellplatz übrig?

Quelle: CommunityMirrors als Informationsstrahler im Unternehmen, von Michael Koch und Florian Ott, Forschungsgruppe Kooperationssysteme der Universität der Bundeswehr in München, Informatik_Spektrum_34_2_2011 sowie unter www.soziotech.org