Direkte Kommunikation (auch) in Zeiten der Virtualität – der Kaminabend

Das Management großer Unternehmensbereiche oder Geschäftsbereiche – ob sie sich nun über mehrere Standorte oder gar Ländergrenzen hinweg verteilen – hat auch immer etwas Virtuelles an sich. Oder kennen Sie als Verantwortlicher eines Bereichs mit mehr als 100 Mitarbeitern jeden Kollegen mit Gesicht und Namen oder dieser Sie persönlich?

Die neuen Medien wie Blogs oder Twitter im Unternehmen bringen die zahlreichen Mitarbeiter solcher Einheiten einander näher und helfen die Kommunikation zu verbessern, die Zusammenarbeit hierüber wird in Zeiten der steigenden Virtualität immer wichtiger. Sie ermöglichen den Managern die Informationsweitergabe in deutlich kürzeren Zyklen als den angestammten monatlichen oder quartalsweisen Versammlungen und Informationsveranstaltungen. Gleichzeitig erlauben sie eine deutlich bidirektionalere Kommunikation als in großen Abteilungsmeetings, in denen sich viele Kollegen aufgrund des großen Auditoriums oft nicht trauen etwas zu sagen oder gar auch nur zu fragen. Dabei werden es in Zeiten, in denen wir mehr und mehr unserer Arbeit in Home Offices oder Coworking Spaces erbringen, gerade die wenigen persönlichen Meetings sein, in denen die Führungskräfte Vertrauen bei ihren Mitarbeitern aufbauen können, in denen sie authentisch sein und offen und transparent kommunizieren müssen. Für viele Mitarbeiter ist ein kurzer, scheinbar anonymer Kommentar in einem Blog leichter als ein Redebeitrag in einem großen Meeting zu machen. Zusätzlich zu diesem Kommunikationsweg der neuen sozialen Medien, den ich schon länger umsetze, der zu breiten Akzeptanz aber noch einige Zeit braucht, siehe auch der Blogpost zu Unternehmensblogs, halte ich persönliche Treffen für wichtig, was ich auch im Artikel „Reichen Managern zukünftig rein virtuelle Meetings?“ begründete.

Organisation eines Kaminabend

Zur direkten Kommunikation mit möglichst vielen Mitarbeitern habe ich schon vor langer Zeit jeweils in meinen persönlichen Verantwortungsbereichen so genannte Kaminabende aufgesetzt. In regelmäßigen Abständen, meist quartalsweise, lade ich zu einem solchen Kaminabend ein. Die Einladung geht an alle Mitarbeiter meiner Organisationseinheit – zumindest eines Standortes, da es sich um ein persönliches Meeting handelt. Damit die Anonymität großer Meetings vermieden wird, sich jeder Teilnehmer in einer kleineren Runde traut etwas zu sagen oder zu fragen und damit auch tatsächlich Diskussionen und Wortwechsel entstehen, ist die Teilnehmeranzahl auf die zeitlich ersten zehn Anmeldungen begrenzt. Alle Teilnehmer ab der elften Meldung müssen auf eines der nächsten Meetings vertröstet werden und können dieses Mal nicht teilnehmen.

Damit in mehreren aufeinanderfolgenden Meetings nicht immer dieselben Teilnehmer vertreten sind und so Kollegen, die sich nicht schnell genug anmelden konnten oder angemeldet haben, nicht jedes Mal „vor verschlossenen Türen“ stehen, gibt es so etwas wie einen kleinen Algorithmus: Neue, bei den letzten Kaminabenden nicht teilgenommene Mitarbeiter werden gegenüber Mitarbeiter, die an einem der letzten Male bereits teilgenommen und wieder unter den ersten zehn Anmeldungen sind, bevorzugt berücksichtigt und eingeladen. Da sich nicht jedes Mal zwanzig und mehr Teilnehmer zu einer Veranstaltung anmelden, war diese Auswahl noch nie ein Problem. Mit diesen Regeln entstehen jedes Mal gute Durchmischungen mit verschiedenen Teilnehmern.


Gespräche beim Kaminabend
Gespräche beim Kaminabend

Durchführung

Aus meiner Sicht hilfreich und sehr wichtig – ich fange nie mit einem eigenen Statement oder gar Vortrag an. Vielmehr betone ich am Anfang jedes Kaminabends, dass ich keinen Vortrag und keine Themen von meiner Seite mitgebracht habe und dies auch keine Ein-Weg-Veranstaltung ist, sondern eine freie „Talkrunde“ sein soll. Ebenso betone ich, dass auch ich mir erlaube, den Teilnehmern Fragen zu stellen. Mit dem letzten Hinweis, dass ich gegebenenfalls aufgrund meiner Rolle und Verantwortung nicht alle Fragen der Teilnehmer beantworten kann oder darf, dann aber trotzdem versuche werde, mit jeweils besonderem Hinweis darauf, dass dieses meine persönliche Meinung ist, eine Antwort zu geben, gebe ich die Diskussion frei. Wenn sich übrigens am Anfang keine Unterhaltung von selbst ergibt, mache ich eine fachfremde Bemerkung, zum Beispiel über das letzte internationale Fußballspiel oder ähnliches, und damit ist dann in der Regel „das Eis gebrochen“.

Um die Atmosphäre ungezwungener zu gestalten, findet der Kaminabend idealerweise in einem Meetingraum mit gemütlicheren Möbeln oder Einrichtung statt und ich organisiere – soweit das gesetzlich vertretbar ist – Bier und Brezeln oder gehe – wie zuletzt in China – mit meinen Mitarbeitern zu Abend essen. Eine überraschende Beobachtung machte ich dabei am Anfang: je nach der Größe und Zusammensetzung des Teams an einem Standort, das eingeladen ist, hilft eine solche Gelegenheit nicht nur mit dem Vorgesetzten ins Gespräch zu kommen und Fragen stellen zu können, sondern auch der Kommunikation untereinander. So habe ich manchmal an einem Standort mehrere Abteilungen mit unterschiedlichen Fachgebieten sitzen, die deshalb im Tages- und Projektgeschäft wenig miteinander zu tun haben. Bei den Kaminabenden habe ich es bereits ein paar Mal erlebt, dass die Diskussion und der Austausch von Mitarbeitern der verschiedenen Abteilungen untereinander einen Großteil der Zeit ausgemacht haben. Ich habe dies in keinem Fall unterbrochen – das Ziel des Kaminabends ist es persönliche Kommunikation zu ermöglichen und zu verbessern. Und das sollte nicht nur auf den Vorgesetzten beschränkt sein!


Takeaways:

Ich bin überzeugt, dass in einer zukünftig mehr virtuell kommunizierenden Arbeitswelt die wenigen persönliche Treffen der verschiedensten Formen immer wichtiger werden. Die hier beschriebenen sogenannten Kaminabende können eine wichtige Form zur persönlichen Kommunikation sein, wenn sie wie folgt organisiert werden:

  • Einladung an alle Mitarbeiter eines Standortes versenden
  • Auswahl von bis zu zehn Teilnehmern, in der zeitlichen Reihenfolge der Anmeldung
  • keine bevorzugte Berücksichtigung oder Ausschluss von Abteilungen, Hierarchieebenen oder nach anderen Kriterien
  • Einführung einer Priorisierung oder Warteliste, damit eine Durchmischung der Teilnehmer sichergestellt ist und nicht immer dieselben Mitarbeiter andere Teilnehmer durch schnelle Anmeldungen blockieren
  • kein Eingangsstatement oder kein Vortrag, keine Themenvorgabe
  • so viele Antworten und Erklärungen wie möglich geben
  • wenn keine offizielle Antwort in der eigenen Rolle gegeben werden kann oder darf, mit dem Hinweis „das ist meine persönliche Meinung“ versuchen die Frage nicht unbeantwortet im Raum stehen zu lassen
  • Diskussionen der Teilnehmer auch untereinander laufen lassen

Das Ziel ist eine Verbesserung der Kommunikation in der gesamten Organisationseinheit – nicht eingeschränkt auf die Kommunikation zwischen Leiter und Mitarbeiter!


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